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06.09.2011 | Bundesregierung
La Vie en France - Erasmus in Aix-en-Provence
 

 

 


Die Studentin Franziska Broich schildert ihr Auslandsstudium, das die Europäische Union im Erasmus-Programm gefördert hat.
 
"Tu parles français?" Eine Frage, die mir die Menschen in meinem Erasmusaufenthalt in Südfrankreich beim Einkaufen, im Museum oder im Stadtpark oft stellten. Das fünfte Semester meines Studiengangs European Studies verbrachte ich in Aix-en-Provence. Schon im Jahr zuvor hatte ich während eines Auslandpraktikums die französische Lebensart kennen und lieben gelernt. Deshalb war die Freude riesig, als ich die Zusage für einen Studienplatz an der Université de Provence erhielt. Aix-en-Provence liegt inmitten der idyllischen Provence und in der Nähe der zweitgrößten Stadt Frankreichs: Marseille.
 
Mein Aufenthalt begann mit einem zweiwöchigen Sprachkurs, der uns auf die Uni vorbereiten sollte. Ich war froh, dass ich schon ein wenig Französisch sprach, anderenfalls wäre es sicherlich schwieriger geworden. Schon im Sprachkurs lernte ich Erasmusstudierende aus Griechenland, Italien, England und weiteren europäischen Ländern kennen. Abends trafen wir uns im Park. Am Wochenende standen Ausflüge nach Marseille, zum Strand oder in umliegende Orte auf dem Programm. Die Zeit war sehr intensiv und ich fand Freunde, zu denen ich heute noch Kontakt habe. Jedes Jahr wollen wir versuchen, uns in einem anderen Land wieder zu treffen.
 

Gemeinsam kochen und quatschen

 
Während meines Erasmussemesters wohnte ich in einer Wohngemeinschaft mitten in Aix-en-Provence zusammen mit drei französischen und zwei vietnamesischen Studentinnen. Abends quatschten und kochten wir in der Küche, wobei es mir immer leichter fiel, französische Umgangssprache zu verstehen. Einmal im Monat gingen wir zusammen ins Kino. Filme, Theater und Musik haben in Frankreich eine viel größere Bedeutung als in Deutschland. Fast jedes Wochenende im Sommer fand ein anderes Festival in den umliegenden Orten statt. Über meine französischen Mitbewohnerinnen und durch die Seminare lernte ich andere französische Studierende kennen, mit denen ich in meiner Freizeit etwas unternahm. 
 
Die Organisation der Universität war für mich anfangs gewöhnungsbedürftig. An meiner Heimatuniversität in Maastricht konnte ich in einem Internetportal alles über die Kurse erfahren und mich anmelden. Auch konnten die Sekretärinnen bei Fragen immer weiterhelfen.
 

Freiheit bedeutet auch Chaos

 
An der Université de Provence lud der zuständige Professor die sieben Erasmusstudierenden, die er betreute, in sein Büro ein. "Erasmus est la liberté." - Erasmus ist die Freiheit, sagte er. Der Professor erklärte, dass wir alle Kurse an der Universität wählen könnten. Voller Vorfreude verließen wir das Büro. Diese Freude wandelte sich jedoch schnell um in die Erkenntnis, dass Freiheit in Südfrankreich auch Chaos bedeutet.
 
Denn weder die Sekretärin noch der Leiter selbst konnten uns eine Kursliste geben oder uns über Uhrzeiten oder Kreditpunkte aufklären. Erst nach vielen Telefonaten und mit Hilfe französischer Kommilitonen wussten wir, wann und wo die Kurse stattfanden und stellten unseren Stundenplan zusammen. Diese Erfahrung zeigte mir, dass man sich nur mit viel Eigeninitiative und Geduld in der häufig chaotischen französischen Studienlandschaft zurecht finden kann.
 
Die Sprache zu lernen, war anfangs anstrengend. Abends lag ich oft völlig erschöpft im Bett. Durch meine Mitbewohner und Kommilitonen fiel es mir jedoch immer leichter Französisch zu sprechen, so dass ich am Ende sogar ein Referat vor der ganzen Klasse vortrug. Die Prüfungen liefen ganz anders ab, als ich es erwartet hatte. Die Professoren waren viel flexibler und, wenn ein Student zum angedachten Prüfungstermin nicht erscheinen konnte, wurde problemlos ein anderer gefunden. Es gab keine vorgefertigten Blätter mit Fragen zum Ausfüllen – der Professor schrieb die Fragen einfach mit Kreide an die Tafel.
 
Trotz der Organisationsschwierigkeiten am Anfang funktionierte die Anrechnung der Kreditpunkte an meiner Heimatuniversität problemlos. Insgesamt hat mir der Erasmusaufenthalt sehr gut gefallen. Ich habe viele interessante Menschen getroffen und gelernt, dass man sich auch zurecht findet, wenn nicht alles von Anfang an gut organisiert ist. Es gibt nur eine Sache, die ich gerne anders gemacht hätte: Ich wäre gern länger geblieben.
 
Das Förderprogramm der EU, Erasmus, hat bereits mehr als zwei Millionen Studierenden einen Aufenthalt im europäischen Ausland ermöglicht. Erasmus-Teilnehmer erhalten ein Teilstipendium (max. 300 Euro monatlich) für 3-bis 12-monatige Studienaufenthalte an Partneruniversitäten ihrer Heimatuniversität. Dabei entfallen die Studiengebühren an der Gastuniversität und erbrachte Leistungen können problemlos an der eigenen Universität angerechnet werden. Übrigens beteiligen sich neben den 27 EU-Staaten auch Island, Liechtenstein, Norwegen, die Türkei, die Schweiz und Kroatien an der Initiative. Studierende, die bevorzugen ein Praktikum im europäischen Ausland zu absolvieren, fördert Erasmus mit bis zu 400 Euro monatlich.