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15.10.2012 | Deutschlandradio Kultur
Dr.Schavan will Plagiatsvorwürfe klären
Bildungsministerin: "Ich lasse mir das nicht bieten"
 

 

 

Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) will die Plagiatsvorwürfe wegen ihrer Doktorarbeit ausräumen. Ein Gutachten sieht mehrere Anzeichen für eine Täuschungsabsicht. Die Opposition spricht von einem Glaubwürdigkeitsverlust. In ihrer Partei ist es ausgesprochen ruhig.

Ein Plagiat ist laut Duden die "unrechtmäßige Aneignung von Gedanken, Ideen o. Ä. eines anderen auf künstlerischem oder wissenschaftlichem Gebiet und ihre Veröffentlichung; Diebstahl geistigen Eigentums". Der lateinischen Herkunft zufolge handelt es sich um einen "Menschendieb". Ausgerechnet die Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) soll ihre Doktorarbeit aus dem Jahr 1980 laut einem Gutachen in "plagiierender Vorgehensweise" angefertigt haben. Die Ministerin weist dies energisch zurück. Für die Opposition ist die Politikerin bereits angeschlagen, obwohl das Gutachten offiziell noch nicht vorliegt.
 

Plagiatsjäger und Hochschulgutachter

Im vergangenen April kamen die Vorwürfe erstmals auf. Seitdem haben anonyme Plagiatsjäger in dem Blog"Schavanplag" auf 92 Seiten ihrer Dissertation "Person und Gewissen" Stellen gefunden, "auf denen Übernahmen aus 44 Quellen nicht oder nicht ausreichend kenntlich gemacht" wurden. Parallel zu dieser Aufarbeitung hatte die Universität Düsseldorf, an der Schavan promoviert wurde, ein offfizielles Verfahren eingeleitet und mehrere Monate nachgeforscht.


Ein Gutachter hatte die gesamte Arbeit auf Plagiate hin untersucht. Der Autor Stefan Rohrbacher ist Professor für jüdische Studien an der Universität Düsseldorf und Vorsitzender des siebenköpfigen Promotionsausschusses. Das Gremium berät am Mittwoch sein Gutachten und gibt eine Empfehlung an den Fakultätsrat ab. Erst dort wird über eine Aberkennung des Doktortitels entschieden. Erfolgt dies, hätte Schavan keinen Studienabschluss mehr. Sie hatte in Bonn und Düsseldorf Erziehungswissenschaft, Philosophie und Katholische Theologie studiert, aber darauf verzichtet, einen Magister oder ein Examen zu machen. Eine Promotion ohne vorherigen Studienabschluss muss heute in aller Regel der Promotionsausschuss im Einzelfall zulassen.

Die "Süddeutsche Zeitung" und "Spiegel Online" zitieren nun aus dem nicht-öffentlichen Gutachten. Darin sollen auf 60 Seiten Plagiate beanstandet sein. Die vielen Stellen würden das "charakteristische Bild einer plagiierenden Vorgehensweise" tragen, heißt es. "Eine leitende Täuschungsabsicht ist nicht nur angesichts der allgemeinen Muster des Gesamtbildes, sondern auch aufgrund der spezifischen Merkmale einer signifikanten Mehrzahl von Befundstellen zu konstatieren."
 

Schavan bestreit "bewusste" Täuschung

Die Ministerin beteuerte, "keine Quelle bewusst falsch angegeben" zu haben. Nachdem sie fünf Monate "eisern geschwiegen" habe, bleibe ihr nun nichts anderes übrig, als sich zu wehren, sagte die Politikerin der "Südwest Presse". "Das heißt, ich werde zu den Vorwürfen gegenüber der Universität Stellung beziehen." Allerdings könne sie sich nach mehr als 30 Jahren "natürlich nicht mehr an alle Einzelheiten genau erinnern". Die Honorarprofessorin der Freien Universität Berlin gehe davon aus, dass von den Vorwürfen "nichts übrig bleibt". Sie zeigte sich empört darüber, dass ein "Entwurf" des Gutachtens Journalisten zugespielt worden sei.
 

Schavan und zu Guttenberg

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sprach dagegen von einem schwerwiegenden Vorwurf. Schavan habe an den ehemaligen Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hohe Maßstäbe angelegt. "Sie muss klären, ob diese Maßstäbe auch für sie selber gelten". Schavans früherer Kabinettskollege zu Guttenberg musste im März 2011 wegen seiner Plagiatsaffäre zurücktreten. Schavan hatte damals gesagt: "Als jemand, der selbst vor 31 Jahren promoviert hat und in seinem Berufsleben viele Doktoranden begleiten durfte, schäme ich mich nicht nur heimlich".


Die Vorsitzende des Bundestags-Bildungsausschusses, Ulla Burchardt (SPD), forderte für die Bundesministerin eine faire Chance, sich zu den Vorwürfen zu äußern. "Wenn sich die Vorwürfe allerdings bewahrheiten, dann muss sie zurücktreten", sagte Burchardt der "Mitteldeutschen Zeitung". Grünen-Fraktionschefin Renate Künast zog Schavans Glaubwürdigkeit in Zweifel. ""Eine für Wissenschaft zuständige Ministerin muss doch die Regeln des ehrlichen wissenschaftlichen Arbeitens hochhalten." Es sei beschämend, dass Schavan die Sache aussitzen wolle. Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) wollte sich zu den Vorwürfen seiner Kabinettskollegin nicht äußern.

 

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