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05.08.2011 | Bundesregierung
Mit Lust am Schreiben dabei
 


 

Innerhalb der deutschen Medienlandschaft ist die Köpenicker Seniorenzeitung ohne Zweifel etwas Besonderes. Produziert von einem Team Ehrenamtlicher, versorgt sie ältere Bewohnerinnen und Bewohner des Berliner Bezirks Treptow-Köpenick alle zwei Monate mit Nachrichten, Tipps und Unterhaltung. Die Zeitung ist kostenlos, hat aber einen journalistischen Anspruch.
 
"Kiezklub Haus der Begegnung" steht am Eingang zu einem Gebäude an der Wendenschloßstraße in Berlin-Köpenick. Im zweiten Obergeschoss sitzt in einem kleinen, länglichen Raum eine Handvoll älterer Menschen um einen ovalen Tisch. Die Stimmung ist ausgelassen. Es wird erzählt, gelacht und gefrühstückt. "Das halten wir so seit 13 Jahren", erklärt ein Herr in weißem Hemd und dunkler Jacke, der am Kopf der Tafel sitzt. Es ist Hans Joachim Koppe, ehrenamtlicher Leiter des Redaktionsteams.
 
Koppe greift zu einer kleinen Messingglocke und bimmelt seine Mitstreiter zur Ruhe. "Die Tagesordnung für das heutige Treffen ist umfangreich. Zu behandeln sind so wichtige Punkte, wie die Kritik der letzten Ausgabe sowie die Planung des nächsten Heftes."
 

 

 
 

 

Jeden zweiten Monat ein Heft

 
In ihrer aktuellen Form gibt es die Köpenicker Seniorenzeitung seit 1998. Unter dem Dach des Bezirksamtes Treptow-Köpenick - alle Mitglieder der Redaktion sind ehrenamtliche Mitarbeiter des Sozialamtes - entsteht im Zweimonatsrhythmus ein Heft. Er erscheint in einer Auflage von vier- bis fünftausend Stück. Die Gratiszeitung, die inklusive Anzeigen einen Umfang von rund 40 Seiten hat, liegt in den Kiezklubs des Bezirkes aus, bei Vereinen, in Arztpraxen und Apotheken. Für Druck und Vertrieb ist ein Verlag zuständig, der seine Kosten aus den Anzeigenerlösen deckt.
 
Die Köpenicker Seniorenzeitung, das ist Hans Joachim Koppe wichtig, ist redaktionell unabhängig - sowohl vom Sozialamt als auch vom Verlag. Es gibt sogar ein Redaktionsstatut, in dem diese Unabhängigkeit festgehalten ist. Die Zeitung ist überparteilich, vertritt aber klar die Interessen der älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger im Bezirk.
 

Zeitung mit Anspruch

 
Aktualität ist den Redakteuren der Köpenicker Seniorenzeitung nicht so wichtig. Die Zeitung sei mehr ein Magazin als eine Zeitung im engeren Sinne, sagt Koppe. Es gehe darum, den Lesern ein breites Spektrum von interessanten Artikeln anzubieten. So zum Beispiel Kurzgeschichten und Gedichte, die die Redaktionsmitglieder im Feuilleton veröffentlichen. Ebenfalls eine wichtige Rolle - hier zeigt sich der Anspruch der Redaktion - nimmt die sozialpolitische Berichterstattung ein.
 
Hans Joachim Koppe: "In so ziemlich jedem Heft wird ein Interview mit einem Politiker abgedruckt". In der aktuellen Ausgabe gibt es ein Interview mit Oliver Igel, SPD-Kandidat für das Amt des Bezirksbürgermeisters in Treptow-Köpenick. Für die kommende Ausgabe ist ein Interview mit Ines Feierabend, Bezirksstadträtin für Soziales und Gesundheit im Bezirksamt Treptow-Köpenick von Berlin, vorgesehen. Es wurden schon Interviews mit Politikerin und DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach und dem damaligen Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler veröffentlicht. "Bisher", sagt Koppe nicht ohne Stolz, "hat uns noch niemand ein Interview verweigert."
 

Diskussionsfreudiges Team

 
Was in der Zeitung zu lesen ist, bestimmt letzten Endes deren Chef. Hans Joachim Koppe betont, dass er sich stets bemühe, so viel wie möglich im Kreise aller zu besprechen. "Im Grunde genommen", sagt er, "wird der Inhalt von mir zwar vorgeschlagen, aber im Kollektiv festgelegt." Das "Redaktionskollektiv", in dem sich viele Menschen mit Doktortitel befinden, diskutiert eifrig, bevor es einen Beschluss fasst.
 
So auch heute, bei der Planung der August-September-Ausgabe. Der Vorschlag einer Dame, über eine Palmen-Ausstellung im Botanischen Garten Berlin zu schreiben, ist glatt durchgegangen. Von der nächsten Idee kann man das nicht sagen. Ein Herr war auf einer kommunalen Veranstaltung, auf der die Länge der Grünphasen an den Fußgängerampeln des Bezirkes Thema war. "Viel zu kurz für ältere Menschen", befindet er empört. Man müsse unbedingt darüber schreiben. Manche seiner Kollegen stimmen ihm zu, andere nicht. Eine Weile erörtern sie, dann zeichnet sich ab, dass die Mehrheit des Teams einen Artikel darüber ablehnt. "Ich glaube", fasst Koppe die Diskussion zusammen, "dass sich die menschlichen Verluste an unseren Ampeln hierzulande in Grenzen halten und wir deshalb vorläufig auf einen Artikel verzichten können." Sie lachen und gehen zum nächsten Thema über.
 

Projekt mit Zukunft

 
Leserzuschriften sind für das Redaktionsteam eine wichtige Rückmeldung. Sie freuen sich über das viele Lob und betrachten kritische Stimmen als Anregung für Verbesserungen. Vor allem zeugen die Reaktionen der Leser davon, dass die Zeitung gelesen wird. "Sie wird gebraucht", ist Hans Joachim Koppe überzeugt und hat deswegen auch für die kommenden Jahre ein gutes Gefühl: "Ich bin mir sicher, dass unsere Seniorenzeitung eine Zukunft hat. Ganz einfach, weil sich die Tages- und Wochenpresse nicht in dem Maße den Seniorinnen und Senioren zuwendet, wie wir das tun."

Dieser leicht gekürzte Beitrag erschien im Newsletter der Initiative "Erfahrung ist Zukunft". Die Initiative wurde 2006 als Antwort auf den demografischen Wandel in Deutschland von der Bundesregierung zusammen mit Partnern aus Wirtschaft und Gesellschaft ins Leben gerufen. Die Initiative will die Herausforderungen des demografischen Wandels bewusst machen und für ein neues Bild des Alters und des Alterns werben. "Erfahrung ist Zukunft" will die Perspektiven und Potenziale einer älter werdenden Gesellschaft auf den Handlungsfeldern Arbeitswelt, Bildung, Engagement und Alltag aufzeigen, gemeinsam die notwendigen Veränderungen voranbringen und die Chancen für unser Land aufzeigen.

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