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01.04.2011 | Bundesregierung
Duales Studium: eine noch zu wenig bekannte Chance

"Hier herrscht eine heitere Atmosphäre, nicht so kalt wie an der Uni", sagt Yasmin Kardi. Sie studiert seit vier Monaten zusammen mit Samuel Glombitza, Lukas Scholz und weiteren 47 Kommilitoninnen und Kommilitonen an der betriebseigenen Siemens Technikakademie. Hier finden die ersten zwei Jahren des dualen Studiums zum "Bachelor of Engineering in Electronic Systems" statt.
 

 

 

 

Immer mehr duale Studiengänge

 
Zunehmend arbeiten Unternehmen mit Hochschulen zusammen und bieten duale Studiengänge an. Hochschulen und Berufsakademien erarbeiten mit Unternehmen duale, ausbildungsintegrierte oder berufsintegrierte Studiengänge. Dabei kann der Ablauf ganz unterschiedlich aussehen, orientiert am Bedarf der Wirtschaft. Gemeinsames Merkmal ist die Verzahnung von Theorie und Praxis. In der Regel schließen diese Studien mit dem Bachelorgrad in technischen und betriebswirtschaftlichen Fächern ab. Einige der Studiengänge beinhalten zusätzlich einen Abschluss in einem Ausbildungsberuf.
 
Beispielsweise kooperieren verschiedene Banken mit der Berufsakademie Sachsen in Leipzig beim betriebswirtschaftlichen Studiengang Bankwirtschaft. Hier bewerben sich Abiturienten bei einer Bank und erhalten, wenn sie das Bewerbungsverfahren durchlaufen, einen Ausbildungsvertrag. Theorie- und Praxisphasen in Hochschule und Betrieb wechseln dann sich ab. In ausbildungsintegrierten Studiengängen wird sowohl der Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf als auch der Abschluss eines Hochschulstudiums erworben.
 

Theorie und Praxis eng verzahnt

 
Großbetriebe können aber auch Studiengänge entwickeln, in denen auf eine zweijährige Phase in einer betriebseigenen Akademie eine Phase folgt, die überwiegend an einer Hochschule verbracht wird. So werden Yasmin, Samuel und Lukas später zwei Jahre an der Beuth-Hochschule in Berlin studieren.
 
Das Lernen im Betrieb hat große Vorteile. "Wir werden von allen Seiten sehr, sehr stark unterstützt. Da gibt es Samstagsunterricht und Nachhilfe, damit wir alle die Prüfung schaffen", sagt Lukas. Auch seien die Lehrer immer gern bereit, mal eine Stunde dranzuhängen, wenn man etwas nicht verstanden hat.
 
Alle drei informierten sich im letzten Schuljahr vor dem Abitur über Studienmöglichkeiten an Universitäten. Was sie dabei über die Studiensituation, die hohen Abbrecherquoten und Anforderungen erfuhren, demotivierte sie ziemlich. Samuel entdeckte in der Schule ein Plakat der Deutschen Bahn, die für ein duales Studium warb. So informierte er sich näher über verschiedene Möglichkeiten und bewarb sich dann.
 

Das Ei überlebte

 
Das Auswahlverfahren ist oft recht anspruchsvoll, wobei es nicht immer primär auf die schulischen Leistungen ankommt. Samuel erinnert sich daran, dass vor allem soziale und kommunikative Kompetenzen geprüft wurden. So war unter anderem eine beobachtete Gruppenaufgabe zu bewältigen, in der es galt, eine Schutzverpackung für ein Hühnerei zu entwickeln. "Bei uns klappte es bestens", sagt Samuel, "alle unsere Eier überlebten den Sturz aus zwei Metern Höhe."
 
Ein großes Problem besteht nach wie vor darin, dass duale Studien noch wenig bekannt sind. "Wir müssen an die Lehrer in den Schulen rankommen, damit die ihre Schüler darüber informieren, welche Chancen ein duales Studium bietet", sagt Norbert Giesen, der für das Modell wirbt. Die Verbindung von betrieblicher Praxis und Studium ist für viele junge Menschen optimal. Betriebe schaffen sich so passgenau den Nachwuchs, den sie brauchen.
 

Keine Geldsorgen

 
Das lassen sie sich auch etwas kosten. Duale Studierende schließen einen Vertrag mit dem Betrieb und erhalten eine Ausbildungsvergütung oder ein Stipendium. Anders als beim Bafög muss davon nichts zurückgezahlt werden. "Das ist wirklich unser eigenes Geld", sagt Yasmin. Samuel kommt nicht aus Berlin und musste sich daher eine eigene Wohnung suchen. Für ihn reicht das Stipendium nicht ganz aus. Deshalb erhält er auch noch Bafög.
 
Schon heute freut sich Yasmin auf das vierte Semester, in dem ein halbjähriges Praktikum ansteht. Sie will sich um eine Stelle in einem arabischen Land bemühen, da sie arabisch spricht. Später möchte sie ins Management, die Chancen für Ingenieure stehen gut. Projektmanagerin in einem arabischen Land wäre für sie optimal, zumal dann – auch noch nach vier Jahren Studium in englischer Sprache – einer internationalen Tätigkeit nichts mehr im Weg steht.
 
Ist das Studium nicht ein riesiger Stress? Sicher, meinen die drei, aber den machen sie sich selber, weil es so viel Spaß macht. Zu Hause müssen sie in der Regel nicht mehr für das Studium arbeiten. Die 40 Stunden würden ausreichen, wenn man nicht aus Begeisterung für ein Projekt aus eigenen Stücken länger bliebe.
 
Lukas hat noch einen Tipp für Schülerinnen und Schüler, die sich für ein duales Studium interessieren: "Sie müssen sich sehr früh bewerben, möglichst schon am Ende der 12. Klasse, da viele Betriebe schon sehr früh zu suchen beginnen." Wer Interesse hat, sollte bei der Berufsberatung seiner Arbeitsagentur nachfragen. Stellen findet man unter anderem in der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit.

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