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26.06.2014 | Bild Zeitung / Artikel von Anne Merholz
Prostitutionsgesetz
Politiker auf dem Strassenstrich
 

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  • Von ANNE MERHOLZ

Berlin – Schüchtern geben die drei ungarischen Prostituierten Olga (23), Juliana (31) und Lili (21)* den Bundestagsabgeordneten Sylvia Pantel (53), Karin Maag (51, beide CDU) und Paul Lehrieder (54, CSU) die Hand.

Während sich Politiker und Prostituierten mal auf englisch und gebrochenem deutsch unterhalten, fahren ständig im Schritttempo Autos vorbei: Freier, die auf ihre Huren warten und Zuhälter, die das Gespräch zwischen Politikern und Prostituierten scharf beobachten.


Union und SPD hatten in ihrem Koalitionsvertrag vergangenen Herbst eine Neureglung des Prostitutionsgesetz beschlossen.Hintergrund des Treffens: Die drei Abgeordneten vom Familienausschuss des Bundestags kämpfen für eine Neureglung des Prostitutionsgesetzes in Deutschland, wollen vor Ort mit betroffenen Huren reden.

Bereits im April hatte die Union ihren Plan vorgestellt. Darin unter anderem: Kondom-Pflicht , Krankenversicherung und ein Mindestalter von 21 Jahre für die Prostituierten.

Am Donnerstag beraten nun Experten im Familienministerium über das Thema.

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Um diese Vorschläge geht es auch beim Gespräch auf dem Straßenstrich: „Wir wollen das Alter von 18 Jahren auf 21 Jahre anheben, wie finden Sie das?“ fragt Sylvia Pantel, Prostitutionsexpertin der Union.

„Oft sind hier viel zu junge Mädchen“, sagt Olga im gebrochenem Deutsch. „Mit 18 sind die doch noch Kinder".

Sie selbst sagt, sie sei 23. In den bunten Leggins und mit ihren offenen schwarzen Haaren sieht die zierliche Frau jünger aus. Ebenso ihre wie ihre Freundinnen Juliana und Lili. Die drei Prostituierten klagen über fallende Preise, mangelnde Versicherungen, Gewalt.

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„Dieser Besuch hier zeigt, wie wichtig neue rechtliche Regelungen bei der Prostitution sind. Ich fordere einen schnellen Gesetzesentwurf“, sagt Karin Maag, Frauen-Beauftragte der Union zu BILD.

„So wie es momentan in Deutschland läuft, kann es nicht weiter gehen. Bei der Gesundheitsversorgung angefangen bis hin zum Alter besteht Handlungsbedarf“, ergänzt Paul Lehrieder, Chef des Familien-Ausschusses im Bundestag.

Von gut 200 000 Prostituierten deutschlandweit, sind gerade mal 40 Frauen offiziell angemeldet und damit sozialversichert. 80 Prozent der Prostituierten in Deutschland kommen aus Ost-Europa. Viele von ihnen wurden mit falschen Versprechen hergelockt.

So wie Anna (31): „Ich wurde mit dem Versprechen für einen Putzjob nach Berlin aus meiner Heimat Bulgarien geholt. Ich habe geputzt und dafür nie Geld gesehen. Ich hatte nichts, lebte auf der Straße und hatte keine Wahl, außer mich zu verkaufen. Wenn es gut läuft, verdiene ich jetzt 700 Euro im Monat, davon schicke ich 300 zu meinen beiden Kindern nach Bulgarien.“

VergrößernFoto: Michael Huebner

Die Grenzen zwischen Armuts- und Zwangsprostitution sind fließend.

Viele der Frauen aus Ost-Europa werden von ihren Zuhältern geschlagen und auf die Straße gezwungen. Oft stehen die Prostituierten von morgens bis spät in die nacht auf dem Strich, nehmen Freier zu fast jeden Preis an. „Normalerweise kostet eine halbe Stunde 50 Euro, aber das bezahlt kaum noch ein Freier”, berichtet Anna den Abgeordneten.

Und es gibt viele Mädchen, denen es noch schlechter geht. Aus Angst vor den Schlägen ihrer Zuhälter gehen die für fast jeden Preis mit, bieten ihre Dienste auf Druck der Freier ohne Kondom an.


Nicht nur auf der Straße, sondern auch in den Bordellen gibt es viele Zwangsprostituierte. Oft werden junge Frauen mit einem angeblichen normalen Job nach Deutschland gelockt. Dann werden ihnen die Pässe weggenommen und sie werden zur Prostituion gezwungen.
„Gerade das Problem der Zwangsprostitution müssen wir bekämpfen. Freier, die wissent- und willentlich Frauen in ihrer Zwangslage ausnutzen, müssen härter bestraft werden. Das ist der Fall, wenn eine Prostituierte offensichtlich unter Drogen steht, oder ihre Dienste für nur ein paar Euro oder unter Zwang anbietet“, sagt die Abgeordnete Sylvia Pantel.

„Wir brauchen einen Bordell-Tüv, damit die Polizei und die Gesundheitsbehörden regelmässig und nach festen Kriterien Bordelle begutachten können“, fordert die Frauenexpertin der Union Karin Maag.

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